Tag 10: Isfahan oder „Eine Moschee! Schnell, ich brauch eine Moschee!“ oder Lieber Staat

An Tag 2 in Isfahan wurden wir morgens von unserem Gastgeber zu den Überresten der Zoroastrischen Feuertempel gefahren. Auch dort hatten wir quasi VIP – Status und waren einen Großteil allein. Kann man sich dran gewöhnen. Aber immer noch schade.
Auch dort war es sehr schön. Ebenfalls auf einem Berg gelegen hatte man einen guten Eindruck von der Stadt.
Die sich anschließenden schwingenden Minarette (wenn eins schwingt, schwingt das andere auch) sind nicht mehr so beeindruckend, seit sie nicht mehr schwingen dürfen, weil der Bau sonst kaputt geht.
Nach einem kurzen Snack hab ich Pelz im Park zurückgelassen und mich auf die Suche nach Bustickets nach Kashan gemacht. Ich hab sämtliche Reisebüros abgeklappert (keine Bustickets, nicht diese Bustickets oder nach vier ist die Bus-Expertin nicht mehr da, erst morgen wieder). Erfolglos. Aber dafür landete ich beim berühmten Hotel Abbasi und folgte der Empfehlung dort im Hof einen Tee zu trinken. Dabei unterhielt ich mich mit einem netten Pärchen (deutlich jünger als der Schnitt der Gruppe) aus Sindelfingen, die mit Studiosus Usbekistan, Turkmenistan und Iran bereisten. Von denen stammt auch der Titel des Beitrags. Bei uns hielt sich das Moscheenhopping ja noch in Grenzen.
Wieder mit unseren Gastgebern vereint machten wir uns auf den Weg zum armenischen Quartier von Isfahan, eine Ecke der Stadt, die nicht nur echten Kaffee bietet (und ein gefaketes Starbucks) sondern auch eine  viel entspanntere Atmosphäre (buntere Kleidung, Hijab weiter hinten) und eine niedliche Architektur aufweist.
Ein Effekt der Kleidungsvorschriften (oder der Mode) dürften gesündere Frauenfüße sein, es gibt nämlich deutlich weniger hochhackige Schuhe als bei uns.
Einer unserer Gastgeber erklärte uns seine Lösung für das Problem mit zu konservativen Eltern, die ihre Tochter nur sehr selten raus lassen: er hat mehrere Freundinnen parallel, die nichts von einander wissen. Klingt aber auch eher anstrengend.
Die andere Lösung für das Problem mit jungen Frauen, die abends immer nach Hause müssen ist: einfach ohne sie Party machen. Klingt aber auch nicht ideal.

Aus dem Autoradio dröhnte am Morgen übrigens folgendes Lied:
Lieber Staat
Ich fühle mich so rundum wohl in dir
Lieber Staat
Es weht ein Wind von Freiheit hier
Du erklärst mir immer wieder, was erlaubt ist und was nicht
Lenkst mein Leben jeden Tag und bist furchtbar fürsorglich
Ach, was wär ich ohne dich

Danke, dass du mich regierst
Danke, dass du mich regierst
Und dass du mich nicht ignorierst

Lieber Staat
Gut, dass du weißt, was richtig für mich ist
Lieber Staat
Schön, dass du so ehrlich bist
Du willst immer nur mein Bestes und du gibst mir zu verstehn
Wenn mir irgendwas nicht passt, steht mir frei hier wegzugehn

Danke, dass du mich regierst
Womit hab ich das verdient
Ich rutsche vor dir auf den Knien

Lieber Staat, jetzt mal echt
Du bist absolut gerecht
Wer was anderes sagt, macht dich nur schlecht
Lieber Staat eigentlich wär ich garnichts ohne dich
Ich schrob dir dieses Lied
Du weißt Bescheid
Als Zeichen meiner Dankbarkeit

Lieber Staat
Ich weiß, vor dir sind alle Menschen gleich
Lieber Staat
Ganz egal ob arm ob reich

Manche sagen zwar, du wärest auf dem rechten Auge blind
Wobei die, die das behaupten alle Terroristen sind
Das lernt man bei uns schon als Kind

Danke, dass du mich regierst
Danke, dass du mich regierst
Und in Serbien einmarschierst

Lieber Staat, du bist hart
Aber nur, wenn es was nützt
Zum Beispiel, wenn du uns vor Ausländern beschützt
Lieber Staat, da sind ganz klar
Arbeitsplätze in Gefahr
Es gibt viel zu viel Ausland auf der Welt
Und die wolln eh nur unser Geld

Bevor ich es vergesse:
Eine kleine Sache nur:
Ich danke dir für deine Leitkultur

Lieber Staat, ich habs kapiert
Es ist einfach herrlich hier
Die Massen stehen jubelnd hinter dir
Lieber Staat, ohne Mist
Bleib genau so wie du bist
Ich tätowier mir deine Flagge ins Gesicht
Ich bin so schrecklich stolz auf dich