Mein Morgen begann wenig entspannt, da das GPS diese Ecke von Alaska nicht kennt/mag. Es behauptet also ich fahre im Wasser und ich hatte keine Idee, wie ich nun zu meiner Kajaktour kommen soll (es war halb acht und regnete). Leider wusste ich auch den Namen der Firma nicht mehr genau. Zwei Typen haben dann ein wenig rumtelefoniert und dann wusste ich wo ich hin muss. Puh! Mit dem Boot ging es dann zu Orcas Cove und von dort weiter mit dem Kayak. Der Regen hatte aufgehört, die See war ruhig und es ging kein Wind. Wir waren zu viert, ein Pärchen von einem Kreuzfahrtschiff (die Ketchikan alle paar Stunden mit ein paar Tausend Tourist/-innen fluten) und Angela unser Guide. Ideale Bedingungen also. Es gab einige Seesterne, Seeigel, springende Lachse, einen Eisvogel sowie ein paar Adler zu sehen (guckt nach Golfbällen in den Bäumen).
Ich habe Angela gefragt warum die Lachse springen und sie meinte es gäbe verschiedene Theorien dazu. Eine Variante sei, um Seeläuse loszuwerden. Eine andere mögliche Ursache sind die gravierenden Veränderungen in ihren Körpern (sie hören auf zu essen und bereiten sich auf die Eiablage vor). Hmm. Umbau im Körper, der einen zwingt komische Sachen zu tun? Hab ich schon mal gehört.
Apropos bescheuertes: die Fischer in Ketchikan haben es in den siebziger Jahren übertrieben und die Lachsbestände arg dezimiert. Als Verantwortliche machte man schnell wen aus? Richtig: die Seeadler. Also erhob die US-Regierung eine Prämie auf Seeadler, was fast zu deren Ausrottung führte.
Zum Abschluss gab es noch ein leckeres Lachspicknick an Bord und schon ging es wieder zurück zum Visitor Center. Dort kann man sich umsonst SOS-GPS-Geräte ausleihen, wenn man vorhat in den Regenwald zu gehen. Hatte ich. Vorbei an Johns Haus fuhr ich in den Norden der Insel und von dort aus Richtung Naha Bay mit dem Schlauchboot. Zuerst haben wir noch einen verwundeten Fischer eingesammelt und zurück in den Hafen gebracht. Danach rasten wir durch den Regen. Leichte Zweifel an der Unternehmung kamen auf. Als wir Naha Bay erreichten trafen wir dort auf zwei Männer, die mit ihren Paddelbooten unterwegs waren, die uns mit frisch gefangenem Lachs versorgten. Sehr lecker! Den Rucksack auf gesetzt und nach den ersten 100m waren die Zweifel wieder zerstreut. Ein wunderschöner Weg durch mit Farnen, Moosen und Flechten bewachsenen Regenwald. Bei den Holzplanken fehlte eindeutig ein slippery when wet Schild, mit der Ergänzung always wet. Nach 1km waren die Zweifel wieder da. Nach Aussage des Kapitäns handelt es sich bei diesem Weg um den bestgepflegtesten der Region. Nunja. Dann bin ich zum einen froh, dass ich nicht die anderen gegangen bin, zum anderen liegt der Teufel im Detail: es heißt eben noch lange nicht gut gepflegt. Oder in diesem Jahr. Hier und da fehlen Teile vom Weg, mal ist er so zugewuchert, dass man plitschnass ist. Auf Grund der Ausrüstung ist man dies aber ohnehin. Dann sieht man ein Haus durch die Bäume schimmern und denkt man sei erlöst. Doch man geht weiter und stellt fest, es ist mehr als ein Haus. Stimmt, Greg hat davon erzählt: Ortons Ranch. Baptist Church Camp. Niemand zu Hause. Kurze Pause. Komplett nass mehren sich die Zweifel. Wessen Idee war das? Ist Arizona nicht auch schön? Naha River Falls, keine Bären. Ein paar Adler. Bärenkacke. Irgendwann, das Schild sagt nach 4 Meilen (aber es fühlt sich länger an) erreiche ich den See und die Hütte. Gehacktes Holz ist da, also raus aus den Sachen, den Ofen anwerfen, baden und in trockene Sachen schlüpfen. Gleich sieht die Welt viel besser aus. Zwar habe ich mein neues Notizbuch eingepackt, aber keinen Stift. Mist. Ich wollte soviel aufschreiben. Auf eine einsame Insel nehme ich auf jeden Fall was zu schreiben mit. Unter den Geräuschen des Regens und des knackenden Holzes im Ofen schlafe ich ein.